Dienstliche Beurteilung
Stark gekürzte Fassung eines Schreibens zur Problematik dienstlicher Beurteilungen

Hier: Widerspruchsbegründung

 

Sehr geehrte Damen und Herren, 

 

in der oben bezeichneten Angelegenheit wird der Widerspruch gegen die dienstliche Beurteilung ergänzend wie folgt begründet:

1.

Zunächst wird diesseits nochmals ganz ausdrücklich auf die Ausführungen vom X.X.2008 verwiesen, dieses insbesondere deshalb, da die dortigen umfänglichen und substantiierten Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid vom X.X.2008 nur unzulängliche, teilweise auch gar keine Berücksichtigung gefunden haben.

Dabei sei im Übrigen auch klargestellt, dass der Widerspruchsführer nachfolgende Anträge auch weiterhin aufrechterhält, mithin primär beantragt,

die dienstliche Beurteilung abzuändern und die Gesamtbewertung der Leistungsmerkmale von „C“ auf „B" anzuheben bei gleichzeitiger Verbesserung sämtlicher Leistungsmerkmale um eine Rangstufe,

hilfsweise beantragt,

die im Antrag vom X.X.2008 im Einzelnen benannten Leistungsmerkmale auf die Rangstufe „B" anzuheben.

2.

Der Widerspruchsführer hatte in seinem Abänderungsantrag selbst hinsichtlich der offenkundig nur äußerst eingeschränkt bis überhaupt nicht erfolgenden Vergabe des Leistungsmerkmals „A“ davon gesprochen, dass die Vergabe dieses Leistungsmerkmals offenkundig nur an einen „Nobelpreisträger“ erfolge.

Diese Begrifflichkeit war nunmehr in dem Widerspruchsbescheid ohne jegliche Einschränkung aufgegriffen worden, so dass ein wenig der Eindruck entsteht, als handele es sich dabei tatsächlich um einen feststehenden Terminus innerhalb der Verwaltung. Jedenfalls ist aus den dortigen Ausführungen der Rückschluss zulässig, dass ganz offenkundig tatsächlich die Auffassung vorherrscht, dass die Vergabe der Rangstufe „A“ nur in extremen Ausnahmefällen überhaupt einmal möglich sein wird.

Diese Auffassung ist jedoch nicht nachvollziehbar, sie führt im Ergebnis ganz eindeutig dazu, dass eine Rangstufe aus dem Beurteilungssystem vollständig herausgenommen wird, ohne dass es dafür eine sachliche Rechtfertigung gäbe.

Wann die Rangstufe „A“ zu vergeben ist, ist doch in den einschlägigen Beurteilungsrichtlinien ganz eindeutig geklärt. Immer dann, wenn ein Beschäftigter im Beurteilungszeitraum Leistungen erbracht hat und ein Persönlichkeitsbild aufgewiesen hat, welches die mit „übertrifft erheblich die Anforderungen“ Beurteilungen überragt, immer dann, wenn ein Beschäftigter ein außergewöhnliches Leistungsverhalten gezeigt hat, ist ihm die Gesamtbewertung „A“, d. h. „übertrifft in hervorragender Weise die Anforderungen“ zuzuerkennen.

Es ist nichts dafür ersichtlich und entspricht im Übrigen auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die beste Beurteilung eines zur Verfügung stehenden Notensystems nur in „exotischen“ Ausnahmefällen überhaupt zum Tragen kommen soll, dass mithin im Ergebnis nur „einer von Tausend“ überhaupt geeignet sein soll, diese Note zuerkannt zu bekommen.

Selbstverständlich ist es in den vergangenen Jahren, teilweise Jahrzehnten so gewesen und hat dann nachfolgend ja auch zu erheblicher Kritik in der Rechtsprechung und daran anschließend zur Änderung von Beurteilungsrichtlinien in den verschiedensten Verwaltungszweigen geführt, dass es eine Tendenz zur Höchstbeurteilung, dass es eine Inflation von guten Beurteilungen gegeben hat. Genauso falsch wie diese Vorgehensweise in der Vergangenheit gewesen ist, ist es aber nunmehr, die höchste Notenstufe im Ergebnis von vornherein vollständig aus dem Notenspektrum herauszunehmen und diese überhaupt keinem Bediensteten mehr zuzuerkennen, hier kommt es dann zu einer genauso unzulässigen Deflation von Höchstbeurteilungen.

3.

Die weiteren Ausführungen in diesem Zusammenhang zeigen, dass man im Ergebnis doch ganz offenkundig von einem Fehlverständnis des zur Verfügung stehenden Notenspektrums ausgeht, wenn nämlich die Behauptung aufgestellt wird, dass die neue Rangstufe „C“ der alten Note „gut“ entspräche.

Dass dieses nicht der Fall ist, zeigt doch bereits ein Vergleich der in den Beurteilungsrichtlinien enthaltenen Definitionen für die jeweiligen Rangstufen. Insoweit entspricht die Definition der Rangstufe „C“ keineswegs vollinhaltlich der Definition der Notenstufe „gut“, die Definition der früheren Notenstufe „gut“ ist im Ergebnis eindeutig positiveren Charakters als die nunmehrige Definition der Rangstufe „C“.

4.

Entgegen der im Bescheid vom X.X.2008 geäußerten Auffassung wird diese ungerechtfertigte Gleichsetzung der Rangstufe „C“ mit der früheren Note „gut“ auch nicht etwa dadurch gerechtfertigt, dass die sog. Festlegungen der Beurteilungskommission der jeweiligen dienstlichen Beurteilung in der Personalakte vorgeheftet werden.

Zunächst einmal gilt ganz grundsätzlich festzuhalten, dass Plausibilität und Schlüssigkeit einer dienstlichen Beurteilung sich jeweils aus der dienstlichen Beurteilung selbst ergeben müssen und nicht aus irgendwelchen vor- oder nachgehefteten separaten Unterlagen, zumal dann, wenn es hierzu keinerlei Regelungen in einschlägigen Beurteilungsrichtlinien wie vorliegend gibt.

Zudem ist darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass eine dienstliche Beurteilung auch für den jeweils beurteilten Beamten ja nicht bloßer Selbstzweck ist, sondern ein ganz wesentliches Dokument insbesondere auch dann, wenn der Beamte beabsichtigt, sich für anderweitige, ggf. auch höherwertige Dienstposten zu bewerben.

Bei einer derartigen Bewerbung wird die Personalakte eines Bewerbers nicht standardmäßig übersandt bzw. vorgelegt.

Folge der in dem Bescheid vom X.X.2008 dargelegten Vorgehensweise ist es jedoch andererseits, dass der Bewerber geradezu gezwungen wird, um überhaupt eine Aufklärung einer Schlechterbeurteilung gegenüber früheren Beurteilungen erreichen zu können, auf das Personalaktengeheimnis zu verzichten. Dieses ist dem betroffenen Beamten jedoch grundsätzlich unzumutbar. Insbesondere bei Bewerbungen außerhalb der eigenen Verwaltung ist es im Ergebnis nicht hinnehmbar, dass sich ein Bewerber - zumal bei ggf. sehr ungewissem Ausgang des Bewerbungsverfahrens – als z. B. Schwerbehinderter, zeitweilig Langzeiterkrankter, „schlechter Abiturient“, Geschiedener, Konfessionsangehöriger pp. „offenbart“, was jedoch bei Vorlage der Personalakte dann unvermeidbar wäre. Dieses gilt insbesondere mit Blick auf das Gewicht, das der aktuellen dienstlichen Beurteilung bei der Bewerberauslese zukommt (Primärkriterium), so dass der Bewerber den vermeintlich schlechten Eindruck der letzten, abgesenkten Beurteilung gegenüber der Vorbeurteilung nur durch Einwilligung in die Einsichtnahme in die Personalakte und damit Einwilligung der Einsichtnahme in die die dienstliche Beurteilung ergänzend erläuternden Unterlagen beseitigen könnte.

Zudem geben die im Bescheid vom X.X.2008 angeführten Festlegungen der Beurteilungskommission auch gar nicht das her, was man aus ihnen abzuleiten meint.

Für den vorliegenden Aspekt allein maßgeblich sind die Ausführungen auf S. 2, 4. Abs. der Hinweise der Beurteilungskommission, wo es heißt:

„Die Rangstufe „C“ wird für eine Leistung vergeben, die den durchschnittlichen Anforderungen im vollem Umfang gerecht wird, dies wird nach Einschätzung der Beurteilungskommission etwa auf die Hälfte der zu beurteilenden Beschäftigten zutreffen und entspricht damit in vielen Fällen der Endnote „gut“ in der bisherigen Beurteilungspraxis.“

Damit sehen dann selbst die Hinweise der Beurteilungskommission doch keineswegs eine automatische Gleichstellung der beiden Notenstufen „gut“ und „C“ vor, sondern gehen vielmehr davon aus, dass„in vielen Fällen“ die Rangstufe „C“ der Endnote „gut“ entspricht. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber nichts anderes, als dass es auch eine durchaus erhebliche Anzahl von Fällen geben wird, in denen diese Gleichsetzung gerade nicht gegeben ist. Wie allerdings zwischen diesen Fällen dann im Einzelnen zu unterscheiden ist, wird nicht näher erläutert, es verbleibt bei der im Ergebnis rein apodiktischen Behauptung.

Von besonderer Bedeutung ist dabei auch die Ausführung im vorletzten Absatz unter „d) Einheitlicher und gerechter Beurteilungsmaßstab“. Dort wird ausgeführt, dass die erste Beurteilung nach einer Beförderung in Verbindung mit der erstmaligen Wahrnehmung eines höherwertigen Dienstpostens in der Regel wegen der gestiegenen Anforderungen eine Rangstufe schlechter ausfallen werde.

Hier soll wohl – grundsätzlich zunächst auch durchaus zutreffend – Bezug genommen werden auf den auch in der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz der Absenkung nach Beförderung, die praktische Umsetzung dieser Vorgabe wird dabei jedoch nach Erkenntnis des Widerspruchsführers aber auch des Unterzeichners aus einer Vielzahl von Fällen aus dem Bereich der dienstlichen Beurteilungen eindeutig nicht erfolgt sein. Die praktische Umsetzung dieser Vorgabe würde doch in ihrer Konsequenz bedeuten, all denjenigen Beamtinnen und Beamten, die zuvor eine „gute“ Beurteilung in Anwendung der früheren Beurteilungsrichtlinien erhalten hatten, nunmehr nach einer erfolgten Beförderung bei ihrer ersten Beurteilung im neuen Beurteilungssystem eine Beurteilung mit der Rangstufe „D“ zuzuerkennen. Ohne dass selbstverständlich hier statistische Werte benannt werden können, ist davon auszugehen, dass dieses in der Praxis so gut wie nicht geschehen ist, dass es kaum nach erfolgter Beurteilung aufgrund des Neubeurteilungssystems zu Absenkungen von „gut“ auf „D“ gekommen sein wird, was dann jedoch deutlicher Hinweis auf die Inplausibilität der getätigten Darlegungen ist.

5.

Der Widerspruchsführer hatte bereits sehr ausführlich dargelegt, dass die streitgegenständliche dienstliche Beurteilung daran leidet, dass der Erstbeurteiler keine hinreichenden Erkenntnisgrundlagen für die Beurteilung des Widerspruchsführers hatte.

Hierzu war im Bescheid vom X.X.2008 in einer doch etwas befremdlichen Weise ausgeführt worden, dass der Erstbeurteiler über hinreichende Erkennungsgrundlagen zur Beurteilung der Leistungen des Widerspruchsführers verfügt habe, dieser in vielen Verfahren stets eng eingebunden gewesen sei, die Entwürfe des Widerspruchsführers diesem zum Teil vorlegen hätten und ferner auch sämtliche Posteingänge über dessen Tisch gelaufen seien. Die Behauptung, der Erstbeurteiler habe nur einen „kurzfristigen Einblick in die Arbeit“ gewinnen können, sei mithin „abwegig“.

Ganz abgesehen davon, dass derartige Vorwürfe in einem formalen Bescheid eigentlich keine Verwendung finden dürften, sind diese Darlegungen auch schlicht unzutreffend und beruhen ihrerseits nun wiederum auf einer offensichtlich nicht hinreichenden Tatsachengrundlage.

Unstreitig ist der der dienstlichen Beurteilung zugrundeliegende Beurteilungszeitraum der Zeitraum.

Der Erstbeurteiler war zu Beginn dieses Zeitraumes noch nicht in der Dienststelle, sondern woanders tätig.

Für diesen Zeitraum hat mithin der Erstbeurteiler selbstverständlich keine eigenen Erkenntnisgrundlagen zur Beurteilung des Widerspruchsführers.

Die vermeintlich hinreichenden Erkenntnisgrundlagen kann der Erstbeurteiler dann nur später gewonnen haben. In dem Bescheid wird behauptet, dass der Erstbeurteiler „stets eng eingebunden gewesen“ sei und es werden hierzu einige Verfahren ausdrücklich benannt.

Diese im Einzelnen benannten Verfahren sind jedoch in keiner Weise geeignet, eine vermeintlich „enge Einbindung“ tatsächlich zu begründen.

.

.

8.

Insgesamt ist abschließend nochmals festzuhalten, dass die streitgegenständliche dienstliche Beurteilung insbesondere daran leidet, dass sie erstellt worden ist von einem Erstbeurteiler, der entgegen den Vorgaben nur äußerst eingeschränkte Erkenntnisgrundlagen für seine Beurteilung gehabt hat, insbesondere was die spezifische Tätigkeit des Widerspruchsführers als Justitiar anbelangt.

Die dienstliche Beurteilung ist ferner deshalb rechtsfehlerhaft, weil in einer nicht nachvollziehbaren Weise unter Verstoß gegen die vorgegebenen Rangstufendefinitionen die bisherige Notestufe „gut“ mit der niedrigeren Rangstufe „C“ gleichgesetzt worden ist, dieses dabei im Übrigen durch einen faktischen Ausschluss der Rangstufe „A“ aus dem Bewertungssystem.

Die Beurteilung ist zudem abschließend – was der Widerspruchsführer in seinem Antrag ausführlich dargestellt hatte – in sich bereits nicht stimmig, da das zuerkannte Gesamturteil im Ergebnis nicht wirklich schlüssig und logisch stringent in Einklang gebracht werden kann mit den zuerkannten Einzelnoten. Insoweit sei hier nochmals ausdrücklich auf die Ausführungen des Widerspruchsführers verwiesen.

Damit ist dann aber festzuhalten, dass aufgrund dieser Verfahrensverstöße bzw. Verstöße gegen ganz allgemeine Grundsätze im Rahmen der Erstellung dienstlicher Beurteilungen die dienstliche Beurteilung des Widerspruchsführers rechtsfehlerhaft ist und mithin dem Widerspruch stattzugeben ist.

 

Mit freundlichen Grüßen

Prein