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Inhalt aus dbb aktuell Nr. 22 vom 16.07.2017

Inhaltsverzeichnis

Bundesverfassungsgericht verlangt Nachbesserungen
   Tarifeinheitsgesetz-Urteil: „Die Probleme bleiben!“

Interview mit Willi Russ
   Tarifeinheit: Wie geht es jetzt weiter?
     Ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts jetzt ein herber Rückschlag für den dbb und seine Fachgewerkschaften?
     Sind die vom Bundesverfassungsgericht geforderten Nachbesserungen zum Schutz der Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie ausreichend?
     Begeisterung klingt anders...

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Bundesverfassungsgericht verlangt Nachbesserungen

Tarifeinheitsgesetz-Urteil: „Die Probleme bleiben!“

Als „schwer nachvollziehbar“ hat der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe zum Tarifeinheitsgesetz (TEG) am 11. Juli 2017 bezeichnet.

„Mit ihrer Entscheidung, den gesetzlichen Eingriff in die Tarifautonomie und die Koalitionsfreiheit des Einzelnen grundsätzlich zuzulassen, heben sich die Bundesverfassungsrichter deutlich von der beeindruckenden Phalanx der zahlreichen und namhaften Verfassungs- und Arbeitsrechtler ab, die das TEG von Anfang an als eindeutig verfassungswidrig und darüber hinaus undurchführbar abgelehnt haben. Folgt man nun dem Bundesverfassungsgericht, dann lässt sich aus Sicht des Ersten Senats das Tarifeinheitsgesetz mit einigen Änderungen durch den Gesetzgeber, enge Auslegung und vielfache Einbindung der Arbeitsgerichte verfassungskonform umgestalten“, sagte Dauderstädt unmittelbar nach der Urteilsverkündung. „Dem mag man folgen oder nicht. Leider jedoch werden die vom Bundesverfassungsgericht geforderten Änderungen und Ergänzungen das Gesetz kaum praktikabler machen. Auf die Arbeitsgerichte kommen enorme Belastungen zu. Das Gericht hat erkannt, dass das TEG keine Vorkehrung dafür trifft, die Interessen der Minderheitsgewerkschaften zu wahren. Hier verpflichtet Karlsruhe den Gesetzgeber, dies bis zum 31. Dezember 2018 zu korrigieren.“

dbb prüft weitere rechtliche Schritte gegen Zwangstarifeinheit

Der dbb-Chef machte klar, dass das Tarifeinheitsgesetz auch in der neuen Form zu einer Verschärfung der Konkurrenzsituation zwischen den Gewerkschaften führen wird. „Mit der Verlagerung der Tarifpolitik auf die Betriebsebene wird die Idee des Flächentarifs gänzlich zerschossen. Und soweit tatsächlich zahlenmäßig kleinere, aber gleichzeitig hochgradig organisierte Gewerkschaften verdrängt werden, haftet dem TEG weiterhin ein eklatantes Demokratiedefizit an. Dem werden wir nicht tatenlos zusehen“, kündigte der dbb-Chef an. „Wir werden uns intern beraten und das Urteil im Detail analysieren. Danach werden wir unseren Kampf gegen die gewerkschaftsfeindliche Zwangstarifeinheit fortführen – politisch und wenn nötig mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Deutschlands Sozialpartner brauchen keinen Dompteur, sie können auch ohne gesetzliche Zwangstarifeinheit verantwortungsvoll mit ihren Rechten umgehen und individuell wie für das Gemeinwesen tragbare Kompromisse aushandeln“, machte Dauderstädt deutlich.

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Interview mit Willi Russ

Tarifeinheit: Wie geht es jetzt weiter?

Willi Russ, Zweiter Vorsitzender und Fachvorstand Tarifpolitik des dbb, sieht nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Tarifeinheitsgesetz die Idee des Flächentarifvertrags massiv bedroht.

Ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts jetzt ein herber Rückschlag für den dbb und seine Fachgewerkschaften?

Nein. Rein tariftechnisch überhaupt nicht. Karlsruhe hat erkannt, dass das TEG keine Vorkehrung dafür trifft, die Interessen der Minderheitsgewerkschaften zu wahren, und den Gesetzgeber zu Nachbesserungen verpflichtet, immerhin. Auch das Streikrecht bleibt für alle Gewerkschaften bestehen. Trotzdem ist die Entscheidung meiner Ansicht nach falsch, weil das TEG beim Grundrechtseingriff viel zu weit geht und gar nichts besser, sondern vieles schlechter macht – so haben es auch die Verfassungsrichter Prof. Dr. Baer und Prof. Dr. Paulus in ihren Voten gegen den Mehrheitsbeschluss des Senats deutlich gemacht.

Sind die vom Bundesverfassungsgericht geforderten Nachbesserungen zum Schutz der Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie ausreichend?

Die Praxis wird zeigen müssen, ob das Gesetz überhaupt taugt – nicht wenige Experten und Praktiker auf beiden Seiten der Sozialpartner sind sich sicher, dass man es einfach links liegen lassen sollte. Neben den vom Gesetzgeber geforderten Maßnahmen haben nun die Arbeitsgerichte den „Schwarzen Peter“: Sie müssen sich mit einem ganzen Kanon von Maßgaben, Prüfungen und empirischen Fragen auseinandersetzen und dafür sorgen, dass die Tarifautonomie ausreichend geschützt wird. Auch die Antwort auf unsere konkrete Frage, wie das Gesetz im öffentlichen Dienst überhaupt praktikabel gemacht werden soll, ist Karlsruhe schuldig geblieben. Es gibt hier den klassischen Betriebsbegriff, auf den das Gesetz zentral abstellt, überhaupt nicht. Soll jetzt in jedem Rathaus, Finanzamt und Ministerium einzeln gezählt werden, welche Organisation wie viele Mitglieder hat? Und wen gehen so persönliche Daten der Beschäftigten wie die Gewerkschaftsmitgliedschaft überhaupt etwas an? Mit seinem Mehrheitsmechanismus, sollte er denn je zum Tragen kommen, schwächt das Gesetz die Kampfkraft der Arbeitnehmervertretungen insgesamt. Wir jedenfalls werden die Interessen der Mitglieder unserer Fachgewerkschaften auch weiterhin im Rahmen der Koalitionsfreiheit und der vom Gericht klar bestätigten Tarifautonomie vertreten. Möglicherweise wird es dann etwas „ruppiger“ hergehen.

Begeisterung klingt anders...

Das TEG war, ist und bleibt auch nach dem Urteil ein manifestierter Angriff auf die Koalitionsfreiheit von Arbeitnehmern und auf die Tarifautonomie. Glücklicherweise hat das Verfassungsgericht strenge Leitplanken eingezogen, damit die zahlenmäßig kleineren Organisationen sich nicht dem Diktat der mitgliederstärkeren unterwerfen müssen. Der Tarifpolitik in Deutschland ist mit alldem gleichwohl kein Gefallen getan. Die Regelungen werden nicht, wie von den Machern des Gesetzes behauptet, zu einer Befriedung des ohnehin nicht sehr konfrontativen Tarifgeschehens in unserem Land führen, sondern im Gegenteil zu einer Verschärfung der Konkurrenz zwischen den Gewerkschaften. Mit einer Verlagerung der Tarifpolitik auf die Betriebsebene wird die Idee des Flächentarifs zudem gänzlich zerschossen. Insofern werden wir die Umsetzung des TEG jetzt sehr genau beobachten und gegebenenfalls eine erneute rechtliche Prüfung des Gesetzes angehen.

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  • forsa-Bürgerbefragung 2023

     


  • (Quelle: dbb)
    Monitor öffentlicher Dienst 2024
     
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